Die Kreativität im Dienste unseres Wohlbefindens

Und wenn Kreativität sich auf Gesundheit reimen würde? Auf den ersten Blick wirkt der Gedanke überraschend!

Was kann Kreativität mit Gesundheit zu tun haben? Viele denken bei Kreativität direkt an Kunst, an die künstlerische Gestaltung von Dingen. Aber jeder Mensch besitzt Kreativität. Zumindest Kinder in den ersten Jahren Ihres Erdenlebens, verfügen über ein erhebliches Kreativitätspotenzial. Oft verlieren Kinder diese Kreativität und damit auch ihre Spontaneität, wenn sie heranwachsen, weil sie den kritischen Blick und das Urteil der anderen fürchten. Die gute Nachricht ist allerdings, dass alles, was in uns steckt, auch wieder an die Oberfläche befördert werden kann.

Seine Kreativität zu entfalten und/oder wieder an seine Kreativität anzuknüpfen ist gut für die Gesundheit im Sinne ihrer vielschichtigen Bereicherung unseres Lebens:

  •  im Hier und Jetzt leben;
  •  uns von Stress befreien;
  •  unseren Kopf frei machen;
  •  unsere innere Stimme beruhigen;
  •  unsere Gefühle zum Ausdruck kommen lassen;
  •  wieder an andere Ausdrucksweisen anknüpfen, als die verbale Sprache;
  •  unsere Fähigkeit zu staunen wiedererlangen.

Und natürlich bedeutet die Entfaltung der eigenen schöpferischen Kraft auch, dass wir Lösungen in schwierigen Situationen finden, wenn sich uns Hindernisse in unserem Leben in den Weg stellen. Immer wieder erfahren wir, dass eine gute körperliche Gesundheit vom Ausgleich zwischen Körper, Geist und Gefühlen abhängt. Wenn wir unsere schöpferische Kraft erforschen, nehmen wir mit unserem gesamten Sein Verbindung auf. Beim schöpferischen Akt werden außerdem verschiedene Hormone ausgeschüttet, die sich positiv auf unser Wohlbefinden und demnach auf unsere geistige, körperliche und emotionale Gesundheit auswirken. Eine kreative Tätigkeit schafft in vielen Fällen eine Distanz zwischen dem Erlebten und der Person. Wenn wir uns in einer schwierigen Lage festgefahren haben, neigen wir dazu, uns an das Problem zu klammern, die Nase nicht mehr von der Lenkstange zu heben. Manchmal erweitert sich das Blickfeld, wenn wir etwas Abstand nehmen, einfach einige Schritte zurücktreten, sodass wir unseren Standpunkt ändern.

Wie gelangen wir zur Kreativität und wie entfalten wir unsere Kreativität?

Manche halten sich für unkreativ. Dieser Glaube hat seine Wurzeln in der Kindheit. Bis zum Alter von acht Jahren wird die Kreativität des Kindes noch durch seine Spontaneität geleitet. Das Kind kümmert sich nicht darum, was die anderen denken, es versucht nicht, etwas „Schönes“ herzustellen. Aber sein Umfeld sendet bereits verschiedene Botschaften aus. Zum Beispiel: „Eine blaue Kuh gibt es nicht“, „Das sieht aber nicht aus wie ein Haus“, „Du darfst nicht über den Strich malen“. Diese Botschaften sind kulturelle Kodes, Normen, ästhetische Kriterien. Allmählich wird das Kind versuchen, diesen Kriterien zu entsprechen, oft um zu gefallen, denn es braucht das Gefühl der Anerkennung und der Wertschätzung. Von diesem Augenblick an verliert die Kreativität an Schwung und geht die Spontaneität zurück.

Seine Kreativität wecken und fördern

Glücklicherweise können wir zu jedem Zeitpunkt unseres Lebens die Kreativität in uns neu erwecken, die uns wieder mit unseren Träumen verbindet… Dazu müssen wir natürlich zu einer gewissen Experimentierfreudigkeit bereit sein, den Schöpfungsakt nicht ergebnisorientiert auffassen sondern als „zweckfreies“ Schaffen. Es ist die Bereitschaft, ins Spiel zu gehen, ohne den Wettkampf im Hinterkopf zu haben, einfach nur für den Augenblick und die Freude.  

Wir können selbstverständlich unsere Kreativität allein zu Hause ausprobieren. Aber das kann auch in einem Workshop mit anderen geschehen. Das gemeinsame Schaffen mit anderen kann uns dazu beflügeln, auch einmal etwas „zu wagen“. Dabei sollte man allerdings nicht in den Fehler verfallen, sich mit anderen zu vergleichen. Beschränken wir uns darauf, uns mit uns selbst zu vergleichen und unsere Entwicklung wohlwollend zu beobachten. Für die Teilnahme an einem Workshop für Ausdruck und Kreativität sind keine künstlerischen Fähigkeiten erforderlich. Es geht nicht um die Ästhetik (auch wenn diese vorhanden sein kann), sondern um den richtigen und authentischen Ausdruck der Person.

„Ein Atelier ist ein Ort, an dem man seinen authentischen Ausdruck findet, wo man sich die Erlaubnis erteilt, sich zu irren, wo man einfach ausprobieren kann.“            Francis Bacon

Arbeitsweise des Hirns und Kreativität

Als Mensch haben wir mehrere „Motoren“, mehrere „Zugangspforten“ zur Welt. Drei Wege stehen uns offen, um mit den anderen und uns selbst in Beziehung zu treten. Diese Zugangspforten sind:

  •  unser KÖRPER
  •  unser GEIST
  •  unsere EMOTIONEN

Abhängig von unserer Vergangenheit, dem geistigen Input, den wir erhalten haben, dem Erlebten, haben wir uns für eine der drei Pforten entschieden, auch wenn uns alle offenstanden. Um jedoch harmonischer leben zu können, ist es wichtig und bereichernd, an die drei Motoren anzudocken.

In der westlichen Welt nimmt der Verstand in der Regel einen großen Platz ein, und wir finden einigermaßen leicht Zugang zu diesem Tor. Um sich dieser Tatsache bewusst zu werden, brauchen wir nur unserem inneren Dialog zuzuhören (die innere Stimme in unserem Kopf): Diese Stimme ist bei vielen ziemlich gesprächig.

Unser Lernsystem fördert tatsächlich eher die linke Gehirnhälfte, die für Logik, Vernunft, Sprache, rationelles Denken zuständig ist… Bei den meisten von uns wird die rechte Gehirnhälfte in der Erziehung weniger beansprucht. Diese Gehirnhälfte steuert die Kreativität, die Vorstellungskraft, die Intuition… mit der wir uns mit unseren Träumen und unserem schöpferischen Elan in Verbindung setzen können. Hier wird auch alles gespeichert, was wir gelernt haben, und diese Gehirnhälfte hilft uns auch bei der Lösungsfindung. Um ein ausgeglichenes Leben führen zu können, ist es wichtig, beide Gehirnhälften zu beanspruchen, d.h. also auch, unsere Kreativität zu aktivieren.

Kreativität als Mittel zum Loslassen

Der Begriff des Loslassens taucht häufig in unserem Alltag auf, der bei vielen Menschen durch den Wettlauf mit der Zeit, dem Stress und der Angst geprägt ist. Sich etwas Zeit gönnen, um seine Kreativität wiederzufinden, ist eine Möglichkeit, zu dem so begehrten Zustand des Loslassens zu gelangen. Dabei sollte man sich kurze und/oder längere Augenblicke gönnen, um ganz frei und nicht zweckorientiert, sondern nur zum Spaß kreativ tätig zu werden. Es gibt viele Ausdrucksmöglichkeiten, um das schöpferische Potenzial anzuzapfen und zu entwickeln: Bewegung, Bearbeitung der Erde, Arbeit mit Materialien, Schreiben, bildende Kunst, Mandala, Stimmschulung, Theater… Jeder kann einen Ansatz oder sogar mehrere ausprobieren und herausfinden, was ihm am meisten zusagt.

Sich mit einer Übung für kreatives Schaffen öffnen

Bevor Sie schöpferisch tätig werden, kann es interessant sein, sich zunächst einmal Zeit für Entspannung zu nehmen, damit Sie ins Jetzt zurückfinden und dabei achtsam werden, damit Sie auch wieder eins mit Ihrem Körper werden.

Übung 1: Platz für Kreativität schaffen

Diese kleine Übung [mettre un lien vers nos pages méditation ?] kann täglich durchgeführt werden. Je nachdem, wo Sie sich aufhalten, können Sie die Übung sitzend, stehend, liegend oder sogar laufend durchführen. Über Sie Nachsicht, wenn Sie nicht alles genau so schaffen, wie das hier beschrieben ist. Wichtig ist, dass Sie bewusst handeln, dass Sie im Hier und Jetzt sind. Gehen Sie progressiv vor, ganz nach Ihrem eigenen Rhythmus. Es geht nicht um ein Leistungsziel, sondern um die Erfahrung, die Sie dabei machen.

  •  Ideal wäre es, die Augen zu schließen. Fühlen Sie die Körperteile, die den Boden berühren (z.B. die Füße, bei denen Sie sich vorstellen können, dass ihnen kleine Wurzeln entwachsen, die Sie mit der Erde verbinden), Teile, die den Stuhl berühren (sich das Becken, das Gesäß auf dem Stuhl vorstellen, das was Sie eventuell dabei empfinden: warm-kalt, Kribbeln, hart-weich, …). Es geht hier nur um die Beobachtung, nicht um die Beurteilung.
  •  Anschließend lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihre Atmung: fühlen Sie einfach nur die Luft, die aus Ihren Nasenhöhlen strömt, wie eine Bewegung von außen nach innen und von innen nach außen, einfach nur sich der Atembewegungen bewusst werden.
  •  Nach und nach, sofern das für Sie möglich ist, weiten Sie diese Atembewegung leicht aus. Legen Sie eine Hand auf den Bauch und stellen Sie sich vor, dass Sie den Bauch beim Einatmen wie einen Luftballon aufblasen. Beim Ausatmen, lassen Sie die Luft wieder aus dem Ballon heraus und stellen sich dabei vor, dass Ihr Körper sich etwas weiter auf dem Boden oder dem Stuhl ausbreitet.

Diese Übung wiederholen Sie zwei bis drei Mal, dann schalten Sie wieder auf die normale Atmung um. Wenn Sie ganz entspannt sind, lassen Sie Farben, Bilder, Töne, Gerüche, Empfindungen, Gefühle, Worte auftauchen… Und wenn Sie bereit sind, öffnen Sie die Augen wieder, strecken Sie sich, gähnen Sie und nehmen Sie sich Zeit, um den Augenblick zu beobachten und zu begrüßen (andere Übungen zum Loslassen finden Sie hier // Meditation).

Nach Lust und Laune können Sie sich auch einen Augenblick Zeit nehmen, um Ihre Beobachtungen, Empfindungen aufzuschreiben und/oder eine Zeichnung, eine Skizze, anzufertigen, Laute von sich zu geben, zu singen, eine Bewegung zu vollführen oder zu tanzen… Öffnen Sie einfach Ihre Sinne für das Erlebte.

Übung 2: Durch ein Mandala erneut zu seiner Mitte finden

Seit jeher üben Menschen die Kunst des Mandala* aus, als Mittel zum Ausdruck, zur Transformation und zur Selbstverwirklichung. (*Mandala bedeutet „Kreis“, und im erweiterten Sinn handelt es sich um ein Diagramm voller Zeichen und Symbole). [mettre modèles en annexe] Es kann interessant sein, mit strukturierteren Mustern zu arbeiten und allmählich zur freien Kreation überzugehen. Das Einfärben eines Mandala erfolgt traditionell von außen nach innen, um so zur Mitte zu gelangen. Wer im Zentrum beginnt, zeigt dadurch, dass er Lust hat, sich zu öffnen. Sie können natürlich ganz nach Ihrem Empfinden und Ihrer Fantasie Elemente und Zeichen hinzufügen. Lassen Sie sich einfach von Ihrem Gefühl leiten. Für Ihre Mandalas können alle Mittel zum Einsatz kommen, die Ihnen gerade einfallen (Stifte, Pinsel, Collagen, …). Optimal ist es, über einen Raum zu verfügen, in dem Sie nicht gestört werden, eventuell von einer inspirierenden Musik begleitet.

Wenn Sie Ihr Mandala beendet haben, harren Sie einen Augenblick inne und denken Sie über das Geschaffene nach. Sie können sich zum Beispiel die folgenden Fragen stellen:

1. Wie fühle ich mich? Wie fühle ich mich während und nach der schöpferischen Arbeit.

2. Wie muss ich mich orientieren, wie muss ich mich stellen, um meine Arbeit zu betrachten?

3. Wie soll ich das Werk nennen oder bezeichnen?

4. Wie empfinde ich die Farben, die Formen, die Ausdehnung des Mandalas?

5. An welcher Stelle innerhalb des Mandalas möchte ich mich gerne niederlassen?

6. Was könnte ich zu dem Mandala schreiben? Welche Geschichte fällt mir dazu ein?

7. Welche Erfahrung bringt diese Arbeit mir? Was habe ich entdeckt?

 

Marie-Jeanne Poncin, Therapeutin für Kunsttherapie

mandala fleurmandala étoile

mandala vitrailmandala carré